6 Deutschland und der Regenwald am Amazonas
6.1 Die Rolle Deutschlands bei der Zerstörung der amazonischen Regenwälder
Was hat nun Deutschland mit der Vernichtung der brasilianischen Wälder zu tun? Ist das nicht allein das "Verdienst" Brasiliens?
In den vorhergehenden Kapiteln wurde diese Frage teilweise schon beantwortet, wenn
vom Export von Futtermitteln in die EG oder der Rolle der Weltbank beim Bau von
Staudämmen im Indianergebiet die Rede war. Hier sollen noch einmal Beispiele genannt
und mit Zahlen untermauert werden, die zeigen, wie wir in der Bundesrepublik mit für
das Sterben der Regenwälder weltweit und am Amazonas verantwortlich sind.
Im Kapitel 3.2.6 wurde schon einmal das Thema Tropenholz behandelt. Die
Bundesrepublik verbrauchte 1984 insgesamt etwa 48 Mill. m3 Rohholzäquivalente. Im
selben Jahr wurden 1,7 Mill. m3 Rohholzäquivalente Holz und Holzprodukte aus den
tropischen Ländern eingeführt.
Tabelle: Einfuhr von Holz und Holzprodukten aus den tropischen Ländern in die BRD
Jahr |
Rundholz
%-Anteil |
Schnitt-
holz
%-Anteil |
Furniere
%-Anteil |
Sperr-
holz
%-Anteil |
Summe
Rohholz-Äquivalente
cbm(r) |
1970
1975
1980
1984
1987 |
77
57
34
28
20 |
18
35
51
53
58 |
3
3
6
8
7 |
2
5
9
11
15 |
1.786.000
1.398.000
2.301.000
1.700.000
1.870.000 |
Quelle: KÜSTERMANN 1990, S. 19
Tabelle: Verbrauch tropischer Hölzer nach Verwendungsarten in der BRD 1984
Edelfurnier 0,120 Mill. m3
Sperrholz 0,065 "
Restholz Sägeindustrie 0,088 "
Bauwesen 0,577 "
Möbel 0,047 "
Holzwaren 0,033 "
Außenverwendung 0,003 "
Restholz Hobelware 0,025 "
Insgesamt 0,938 "
Quelle: KÜSTERMANN 1990, S. 19 aus: "Vorsicht Tropenholz"
Zur Zeit sind es mehr die Länder Afrikas und Südasiens, aus denen Deutschland die
Tropenhölzer bezieht, Holz aus Brasilien macht nur einen geringen Teil des Imports
aus.
Die umweltschädlichen und kostenintensiven hydroelektrischen Großprojekte im
Amazonasgebiet sind nur durch die Gewährung ausländischer Gelder möglich geworden.
Aufgrund ihrer Zustimmung zu solchen Krediten und ihrer gewichtigen Rolle innerhalb
der Bank - sie besitzt nach den USA und Japan den größten Stimmenanteil - trägt die
Bundesrepublik eine besondere Verantwortung für alle Weltbankprojekte. MEYER-PETERS, S.25/26)
Mit 160 Millionen US-Dollar beteiligt sich die Bundesrepublik durch die deutsche
Kreditanstalt für Wiederaufbau und deutsche Banken an der Ausbeutung der Erzminen im
Gebiet Grande Carajas. Gewinner ist die Großindustrie, die über einen langen Zeitraum
billig Rohstoffe geliefert bekommt.
Die Rolle Deutschlands in Bezug auf Futtermittelimporte aus Brasilien wurde in
vorhergehenden Kapiteln schon eingehend behandelt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Bundesrepublik durch ihr Verhalten in
starkem Maße dazu beiträgt, den tropischen Regenwald zu zerstören.
7 Literaturempfehlungen
- ARA/ INFOE: "Das Regenwald- Memorandum", Mönchengladbach 1989
- BATES, Marston: "Südamerika: Flora und Fauna", Hamburg 1975
- BEURLEN, Karl: "Geologie von Brasilien", Stuttgart 1970
- BLÜTHGEN, Joachim/ WEISCHET, Wolfgang: "Allgemeine Klimageographie", Berlin/ New York 1980
- BÖRNER, Ulrich: "TRANSAMAZONICA - Hintergründe und Konsequenzen eines Großprojekts
im tropischen Regenwald Brasiliens", Zeitschrift für den Erdkundeunterricht Heft 2/3, Berlin 1990
- BRÜCKNER, Helmut/ GAIDA; Reinhard: "Sind die Böden der feuchten Tropen fruchtbar?", Praxis Geographie Heft 9, Braunschweig 1987
- BURSCHEL, Peter/WEBER, Michael: "Wald und Treibhauseffekt: Wird die Rolle der Forst-
und Holzwirtschaft unterschätzt?", Treibhauseffekt und Wald, Stiftung Wald in Not, 1990
- COLLINS, J./ MOORE LAPPE, F.: "Vom Mythos des Hungers", Frankfurt/M. 1978
- CZAYA, Eberhard: "Ströme der Erde", Leipzig 1981
- ENQUETE-Bericht. Deutscher Bundestag (Hrsg.): "Schutz der tropischen Wälder", Bonn 1990
- DUTILLEUX, J.P.: "Sting. Der Kampf um den Regenwald", München 1989
- FABER, G.: "Brasilien: Weltmacht von morgen", Tübingen 1981
- Gesellschaft für ökologische Forschung (Hrsg.): "Amazonien. Ein Lebensraum wird zerstört", München 1991
- GRABERT, Hellmut: "Der Amazonas", Berlin/ Heidelberg 1991
- GUST, Horst: "Der Amazonas", horizont Heft 12, Berlin 1983
- Haack Geographischer Atlas, Gotha/ Leipzig 1979
- HAGEMANN, Helmut/ POLLMANN, Uwe: "Zum Beispiel Amazonas", Göttingen 1989
- HERKENDELL, Josef/ KOCH, Eckehard: "Bodenzerstörung in den Tropen", München 1991
- HERRNLEBEN, Hans-Georg: "Entwicklungsprogramm 'Grande Carajas'", Praxis Geographie Heft 9, Braunschweig 1986
- HOHL, Rudolf (Hrsg.): "Die Entwicklungsgeschichte der Erde", Leipzig 1981
- HOPP, W.:" Amazonien- Atlantis der Zukunft", Berlin 1954
- HOPPE, Andreas (Hrsg.): "Amazonien: Versuch einer interdisziplinären Annäherung", Freiburg i.Br. 1990, Institut für Ökologie und angewandte Ethnologie e.V.
- INFOE (Hrsg.): "Thesen: Strategien zum Schutz der tropischen Regenwälder", Mönchengladbach 1990; Institut für Ökologie und Aktions-Ethnologie e.V.
- INFOE (Hrsg.): "Unterrichtsmaterialien Tropischer Regenwald", Göttingen 1992
- KAISER, Reinhard (Hrsg.): "Global 2000. Der Bericht an den Präsidenten", Frankfurt/M. 1980
- KISTLER, Helmut (Hrsg.): "Oberstufen Geographie. Dritte Welt", München 1990
- KÜSTERMANN, Andreas: "Vorsicht Tropenholz!: Ein praktischer Führer durch Banalitäten und knifflige Details", Stuttgart 1990
- MEYER-PETERS, Henning (Hrsg.): "Schutz für den Regenwald", Göttingen 1990
- MÜLLER, Jürg: "Länderprofile: Brasilien", Stuttgart 1984
- Müller-HOHENSTEIN, Klaus: "Die Landschaftsgürtel der Erde", Stuttgart 1979
- NEEF, Ernst (Hrsg.): "Das Gesicht der Erde", Frankfurt/M.- Zürich 1968
- RAHMENRICHTLINIEN Geographie
- RIEDE, Klaus: "Artentod im Regenwald. Ausmaß und Tempo des Artenschwundes", Ökozid-Magazin Heft 1 1990
- SCHEFFER, Fritz/ SCHACHTSCHNABEL, Paul: "Lehrbuch der Bodenkunde", Stuttgart 1989
- SCHERHAG, Richard: "Einführung in die Klimatologie", Braunschweig 1960
- SCHMIDTKE, Volker: "Entwicklungsland Brasilien", Praxis Geographie Heft 9, Braunschweig 1986
- SCHMITHÜSEN, Friedrich: "Aktuelle Aspekte der Industrialisierung Brasiliens", Praxis Geographie Heft 9, Braunschweig 1986
- SCHUMANN, Harald: "Futtermittel und Welthunger. Agrargroßmacht Europa - Mastkuh der Dritten Welt.", Stuttgart 1986
- SCHWAB, Max/ KUGLER, Hans/ BILLWITZ, Konrad: "Allgemeine Geologie, Geomorphologie
und Bodengeographie", Gotha 1982 -SILCOCK, Lisa (Hrsg.): "Der Regenwald. Eine Hommage", Hamburg 1990
- SIOLI, Harald: "Amazonien. Grundlagen der Ökologie des größten tropischen Waldlandes", Stuttgart 1983
- WALTER, Heinrich: "Spezielle Ökologie der tropischen und subtropischen Zonen", Stuttgart 1984
- WALTER, Heinrich/ LIETH, Helmut: "Klimadiagramm-Weltatlas", Jena 1960
- WEISCHET, Wolfgang: "Einführung in die Allgemeine Klimatologie", Stuttgart 1989
- WEISE, Herbert: "Brasilien- Wirtschaftliche Grundlagen und Perspektiven", Bremen 1987
- Worldwatch Institute (Hrsg.): "Zur Lage der Welt 89/90", Frankfurt/M. 1989
8. Arbeitsblatt
Ist der Regenwald zu retten? - Arbeitsblatt
Böden und Kreislaufsystem:
Die Hauptursachen für das Entstehen der tropischen Bodentypen sind die
besonderen klimatischen Bedingungen. Durch das immerfeuchte tropische Klima
mit den hohen Niederschlägen über das ganze Jahr hindurch und den hohen
Temperaturen herrscht eine intensive chemische Verwitterung. Das führt zur Ausbildung
tiefreichender Bodenprofile. Wegen der Eisenanreicherung weisen die Böden eine starke
rote Färbung auf. Durch die intensive chemische Verwitterung werden die Tonminerale,
also die Bodenbestandteile, die die Fähigkeit besitzen Nährstoffe zu binden, sehr
stark verwittert. Der vorherrschende Bodentyp ist Laterit (Roterde, LB S. 23).
Der tropische Regenwald kann auf den äußerst nährstoffarmen Böden eine überaus üppige
Vegetation mit der höchsten Primärproduktionsrate überhaupt entwickeln, weil fast der
gesamte Nährstoffvorrat in den lebenden und gerade abgestorbenen Pflanzen liegt. Alle
Abfallstoffe werden von Pilzen und Kleintieren aufbereitet und auf die schnellste
Weise in den Stoffkreislauf des Waldes zurückgeführt. Ein Humusspeicher im Boden, wie
in unseren Breiten üblich, entsteht daher nicht. Dieser Stoffkreislauf ist außerordentlich schnell, sehr direkt und hat nur geringe Verluste. Man nennt dies einen
kurzgeschlossenen Kreislauf.
Gefahren für den Regenwald:
Noch um die Jahrhundertwende waren rund 12% der Erdoberfläche von tropischen
Regenwäldern bedeckt. Im Jahre 1980 waren es nur noch 6-7%. Ob im Jahr 2020
überhaupt noch welche existieren werden, ist zur Zeit sehr fraglich. Die
Zuwachsrate der Entwaldung steigt nicht mehr gleichmäßig, sondern fast exponential an.
1970 wurde von Brasilien geplant, innerhalb von 10 Jahren etwa 1 Million Familien
entlang der Transamazonica, einer Fernstraße, anzusiedeln. Im Endeffekt waren es zu
diesem Zeitpunkt aber nur 7.000 Familien. Die Gründe dafür lagen in organisatorischen
Mängeln und besonders in der mangelnden Qualität des Bodens, der eine dauerhafte
Nutzung mit stabilen Erträgen nicht zuläßt (siehe M8).
Der Brandrodungsackerbau spielt heute eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Kleinbauern dringen auf neugebauten Straßen und Holzeinschlagsschneisen als Pioniere
weiter in den Regenwald vor. Sie verbrennen die Vegetation, pflanzen 3-4 Jahre Gemüse
an und ziehen dann weiter, da die Erträge so weit absinken, daß sie nicht einmal mehr
fürs Überleben ausreichen.
Die Brandrodung geschieht zum einen Teil durch umherziehende Siedlerfamilien, die
aufgrund der Bevölkerungsexplosion und fehlender Reformen in der Landwirtschaft in
diese Gebiete gedrängt werden und versuchen, dort ihr Überleben zu sichern, sei es
auch immer nur für drei oder vier Jahre.
Meist folgen Großgrundbesitzer, die das Land billig erwerben und auf riesigen Flächen
Rinderzucht oder Plantagenwirtschaft (Monokulturen) betreiben. Die Erträge gehen oft
in den Export (z.B. EG), während die einheimische Bevölkerung hungert.
Seit Beginn der 80er Jahre tritt ein neuer Faktor der Regenwaldzerstörung auf den
Plan, der innerhalb von 30 Jahren ein Gebiet von der Größe der alten Bundesländer
zerstören soll - der Bau von riesigen Staudämmen zur Elektroenergieerzeugung.
Im Bereich des brasilianischen Regenwaldes sind in den letzten Jahrzehneten riesige
Erzlagerstätten entdeckt worden. Ihre Ausbeutung verschlingt riesige Mengen der
Regenwaldfläche.
Der kommerzielle Holzeinschlag ist weltweit nach der Brandrodung die wichtigste
Ursache für die Zerstörung der Regenwälder. Nach Angaben der Weltbank ist der
kommerzielle Holzeinschlag verantwortlich für die alljährliche Vernichtung von 5
Millionen Hektar Tropenwald weltweit. Die Hölzer gehen meist in den Export werden in
der Säge-, Furnier-, Zellstoff- und Papierindustrie weiter verarbeitet. Der größte
Teil des Holzes geht nach Nordamerika und Japan.
Holzeinschlag und Brandrodung führen dazu, daß die Pflanzen (Nährstoffspeicher)
vernichtet werden. Zwar bleibt bei der Brandrodung fruchtbare Asche zurück, jedoch
wird die Humusschicht des Bodens zerstört. Damit sterben Bakterien und Pilze und der
Nährstoffkreislauf ist unterbrochen. Auf den fast nackten Boden treffen die
Niederschläge mit voller Wucht auf, so daß die in der Asche vorhandenen Nährstoffe
sehr schnell ausgewaschen werden. Das Regenwasser wird nicht mehr durch die Blätter
der Pflanzen aufgehalten, es erreicht den Erdboden und fließt oberflächlich ab. Der
Boden wird abgespült.
Kohlendioxid macht etwa die Hälfte der künstlichen Treibhauswirkung aus. Diese kann
durch Industrieabgase und Brandrodung freigesetzt werden. An zweiter Stelle folgt
Methan, daß bei der Verdauung im Magen der Tiere gebildet wird.
In der Zeit in der Sie diesen Text gelesen haben wurden wieder ca. 40 Hektar
Regenwald zerstört.
Nutzung von Tropenhölzern für:
-Möbel, Fensterrahmen, Fußböden
-Holzbrettchen
-Bauholz, Zaunpfähle, Kistenbretter
-Besenstiele, Bürstengriffe
-Papier
-Schaltknaufe für Autos
Zitat:
"Eine notwendige Schlußfolgerung ist, daß der Wald de facto nur auf, aber
nicht aus dem Boden wächst, daß er diesen vielmehr nur als Substrat für seine
mechanische Fixierung anstatt als Nährstoffquelle benutzt und statt dessen in
einem geschlossenen Nährstoffkreislauf lebt." Sioli (1983)
Zeitungsnachrichten:
Stendaler Nachrichten
02.12.1997: "Klimagipfel beginnt mit Schlagabtausch ... Während die EU eine
Senkung der Emissionen (CO2 -der Verf.) um 15 Prozent bis zum Jahr 2010 fordert, wollen die USA den Ausstoß der Treibhausgase zwischen 2008 und 2012
lediglich einfrieren. Als Basisjahr gilt für alle Vorschläge 1990"
Stendaler Volksstimme 02.12.1997: "Der Streit .. hat gestern deutlich gezeigt, worin noch immer das größte Problem besteht, wenn es um die Reduzierung von Treibhausgasen
geht: in der Bereitstellung von Geld, mit dem die erforderlichen technischen Anpassungen und Modernisierungen bezahlt werden müssen."
Aufgaben:
a) Beschreiben Sie den Vegetationsaufbau des tropischen Regenwaldes und
erklären Sie mit Hilfe der klimatischen Verhältnisse die Eigenschaft "immergrün".
b) Nehmen Sie Stellung zum Zitat von Sioli (M4) und erklären Sie den Sachverhalt mit Hilfe der Erläuterungen in M1.
c) Begründen Sie die sinkenden Erträge bei Kulturpflanzen in den feuchten Tropen (siehe M8).
d) Begründen Sie, warum die Tropen nicht zu den Kornkammern der Menschheit werden können!
e) Nehmen Sie Stellung zur These "Wenn nicht sofort geeignete Maßnahmen zum Schutz der
Regenwälder eingeleitet werden, wird eine Rettung des Ökosystems Regenwald immer unwahrscheinlicher."
f) Nehmen Sie Stellung zur Aussage von Junk (M9) und bewerten Sie die Maßnahmen.
Grundbegriffe:
Brandrodung: Abbrennen von Waldflächen in den tropischen Regenwäldern und
Savannen, um Ackerflächen zu gewinnen. Diese werden danach entweder im Wanderfeldbau oder im Dauerfeldbau genutzt.
Monokultur: Großflächiger und langjähriger Anbau nur einer bestimmten Kulturpflanze.
Tropischer Regenwald: Immergrüner und artenreicher Waldtyp der immerfeuchten Tropen
mit einem ausgeprägten Stockwerkbau. Wichtiger Sauerstofflieferant und Klimaregulator der Erde. Von der Biomasse der Erde entfallen ca. 55% auf die tropischen Regenwälder
Abbildung M8: Vergleich des Ertrages nach Anbaujahren
"Wie wollen wir... unseren Kindern auf die Dauer glaubwürdig erklären, wir
hätten von den Umweltproblemen ... nichts gewußt, oder wir wären machtlos gewesen, etwas dagegen zu tun, oder wir hätten das tatsächlich ... Mögliche
getan, um die sich in den Tropen anbahnenden Umweltkatastrophen zu verhindern, die ... unser aller Zukunft bedrohen??!! Vor dieser Frage können wir uns nicht drücken."
Junk (1989)
Maßnahmen:
- keine Verwendung von Tropenhölzern
- weniger Fleisch essen, insbesondere von Herstellern, die ihre Viehherden in den Tropen mästen (McDonalds)
- Teilnahme an Aktionen von Umweltschützern (Kauf eines Stückes Regenwald)
5 Weltweite Auswirkungen der Vernichtung der tropischen Regenwälder
5.1 Die Bedeutung der tropischen Regenwälder für den globalen Klimakreislauf
Die klimatische Bedeutung der tropischen Regenwälder ergibt sich in dreierlei
Hinsicht. Von ihrer flächenhaften Ausdehnung hängt der Albedo-Wert ab, die Quantität
der Biomasse bestimmt die Menge des gebundenen Kohlenstoffs und die Wasser- und
Wärmeströme der Regenwälder haben Einfluß auf die globalen Wasser- und Wärmezyklen.
Die Intensität der Abstrahlung steigt mit der entwaldeten Fläche, was normalerweise
abkühlend auf die Erdoberfläche wirken würde. Ein Teil der Strahlung wird durch den
natürlichen Treibhauseffekt zurückgehalten, der Rest verschwindet wieder im Weltraum.
Allerdings kann diese Strahlung im Infrarotbereich verstärkt absorbiert werden, wenn
sich in der Erdatmosphäre der Anteil der Spurengase (Kohlendioxid, Methan,
Distickstoffoxid), die für die Reflexion der langwelligen Strahlung verantwortlich
sind, erhöht. Diese Erscheinung, der antropogen bedingte Treibhauseffekt, ist zur
Zeit zu beobachten.
Hervorgerufen wird dieser Vorgang durch den verstärkten Eintrag von Spurengasen in
die Atmosphäre. Eine große Rolle spielt dabei das Kohlendioxid. Im Zuge der
Verbrennung von Biomasse bei der Zerstörung der tropischen Regenwälder werden große
Mengen Kohlendioxid freigesetzt.
Die Netto-CO2-Emissionen durch die Abholzung tropischer Wälder werden für das Jahr
1980 auf 1,5+/-1,0 Milliarden Tonnen Kohlenstoff geschätzt. Das sind etwa 10-30%
Anteil an der gesamten antropogenen CO2-Emission.
Sieht man sich die seit 1980 stark gestiegene Entwaldungsrate der tropischen Wälder
an, so kann man sich vorstellen, welche Mengen Kohlendioxid heute bei der Verbrennung
dieser Wälder entstehen.
Das Methan (CH4) zählt ebenfalls zu den klimawirksamen Gasen und spielt beim
Treibhauseffekt eine große Rolle. Mit einer jährlichen Emission von 530 Millionen
Tonnen CH4 ist der antropogene Anteil fast doppelt so hoch wie der natürliche. Große
Mengen Methan entstehen z.B. bei der Verbrennung von Biomasse, bei der Anlage von
Stauseen, Reisfeldern und Großviehfarmen. Der abgebrannte Tropenwald ist damit nicht
nur einmaliger CO2-Lieferant, sondern auch ständiger CH4- Produzent.
Für das globale Klima ist der Regenwald im hydrologischen Zyklus und im
Wärmekreislauf sehr bedeutsam. Amazonien fungiert in diesem System als Wärmequelle
für andere Weltregionen.
Bei der Evapotranspiration steigt heiße und feuchte Luft in die Höhe (ca.10 km), die
zur Erwärmung der Atmosphäre beiträgt und zum Teil auf niedrigeren Schichten durch
kältere ozeanische Strömungen ersetzt wird.
Amazonien ist also neben dem Kongobecken und der südostasiatischen Inselwelt ein
bedeutender Wärmelieferant in der atmosphärischen Zirkulation der Erde. Die
großflächigen Entwaldungen könnten diesen Ablauf empfindlich stören. Mit dem Rückgang
der Evapotranspiration könnten die Regenfälle abnehmen und mit ihnen der
Wärmeaufstieg, was einen Abkühlungseffekt in den gemäßigten Breiten und den
Polargebieten zur Folge hätte.
Treibhauseffekt versus Abkühlungseffekt - bleibt das Klima wie es ist?
5.2 Lokale und globale Auswirkungen der Regenwaldzerstörung
Die im folgenden angeführten Punkte sind keine apokalyptischen Spekulationen, sondern
Positionen, die mittlerweile von zahlreichen Wissenschaftlern vertreten werden, wenn
es darum geht, die ökologischen und ökonomischen Konsequenzen der derzeitigen
"Regenwald - Politik" deutlich zu machen.
Holzeinschlag und Brandrodung führen dazu, daß die Humusschicht des Bodens zerstört
wird. Damit sterben Bakterien und Pilze ab, die nährstoffsammelnden und -filternden
Mycorrhizae funktionieren nicht mehr, der Nährstoffkreislauf ist unterbrochen. Auf
den fast nackten Boden treffen die Niederschläge mit voller Wucht, so daß die in der
Asche vorhandenen Nährstoffe sehr schnell ausgewaschen werden.
Der verbleibende Rest wird oft durch Monokulturen, den Anbau von Futtermitteln oder
Weidewirtschaft exportiert.
Durch Wasser- und Winderosion werden große Teile der Bodenschicht abgetragen. Erosion
und Bodenverdichtung führen außerdem zur Strukturverschlechterung und damit zu
geringerer Durchlüftung der Böden. Die intensive Sonneneinstrahlung führt in den
gerodeten Gebieten zu einem starken Anstieg der Bodentemperaturen, zusätzlich
begünstigen erhöhte Windgeschwindigkeiten eine stärkere Austrocknung der Böden.
Nach Abtragung der oberen Bodenschichten durch Erosion kommt es zur Rinnenbildung;
innerhalb weniger Jahre entsteht ein Pflaster aus ziegelsteinähnlichem Laterit, nacktem Fels und minderwertigem Boden.
Niederschläge fließen fast nur noch oberirdisch ab, es besteht akute Gefahr von Hang-
und Bergrutschen sowie Hochwassern, besonders in den Regenzeiten. Durch die Verringerung der Wasserspeicherkapazität der Vegetation werden die Flüsse stärker von den
Niederschlagsregimes geprägt; im Sommer trocknen sie mehr aus, im Winter führen sie
große Mengen Wasser mit sich.
Mit der Vernichtung der Vegetation findet keine Evapotranspiration statt, der kleine
Wasserkreislauf bricht zusammen, es bilden sich weniger Wolken, die Niederschläge
werden seltener, dafür aber intensiver, wenn sie fallen.
Durch die Vereinfachung der Struktur eines entwaldeten Bodens nimmt auch die Albedo
deutlich zu.
Winde werden nicht mehr durch die Vegetation gehemmt, die Gefahr von Wirbelstürmen
verstärkt sich. Außerdem verstärken sie erheblich die Staubentwicklung und damit den
Gehalt der Atmosphäre an Spurengasen, organischen und anorganischen Partikeln.
Es wird erheblich weniger Wasser und Verdunstungswärme in das Hinterland und in
höhere geographische Breiten transportiert. Die Veränderung des Wärme- und
Wasserkreislaufs kann eine Störung der atmosphärischen Luftmassen-Zirkulation nach
sich ziehen, die zeitlichen und geographischen Regenfall-Muster können sich
infolgedessen beträchtlich verschieben. Resultat wäre eine Abkühlung in den
gemäßigten Breiten und Polargebieten.
Mit den gegenwärtigen Entwaldungsraten in den Tropen werden jährlich mehr als eine
Milliarde Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt.
Dazu kommen noch größere Mengen an Methan, wenn der Wald durch Viehweiden ersetzt
wird, da Rinder bei Verdauungsprozessen große Mengen an Methan freisetzen.
Sowohl Kohlendioxid als auch Methan sind Spurengase, die ganz erheblich zur
Verstärkung des antropogenen Treibhauseffektes beitragen. Folge wäre ein Anstieg der
Temperaturen weltweit.
Diese gedankliche Kausalkette der Folgen ist möglich, muß aber nicht zwingend so
eintreten. Sehr viele andere Faktoren können hier mit reinspielen. Aber es ist klar
zu sehen: Größere Klimaveränderungen sind wahrscheinlich. Wie sich die einzelnen
Faktoren aber zueinander verhalten werden, ob sie sich aufheben oder verstärken, kann
zur Zeit kein Mensch mit Sicherheit sagen.
5.3 Ökozid, Genozid, Ethnozid - Weitere Folgen der Vernichtung der Regenwälder
Bisher wurde meist vom Regenwald als Ganzem gesprochen. Hier soll noch einmal auf
einzelne Aspekte der Vernichtung dieses einzigartigen Ökosystems und seiner Bewohner
eingegangen werden.
Der Regenwald bietet ein unermeßliches Potential an genetischem Material. Wenn man
sich einmal vergegenwärtigt, daß die Ernährung der Menschheit zur Zeit im
Wesentlichen an etwa 15 Pflanzen hängt, kann man ermessen, welche Bedeutung dieser
Fakt haben kann. Durch Kreuzung mit Wildformen ist es möglich, verschiedene
Eigenschaften, wie Resistenz gegenüber Schädlingen, neu zu beleben.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Verwendung in der Medizin und Pharmazie. Nur
ein verschwindend geringer Teil der Pflanzen wurde bisher daraufhin untersucht. Das
klassische Beispiel ist das "Rosige Immergrün", eine Pflanze aus dem tropischen
Regenwald. Vier von fünf an Leukämie erkrankten Kindern können überleben, seit aus
dieser Pflanze ein Medikament hergestellt werden konnte.
Im untrennbaren Zusammenhang mit der Vernichtung des Regenwaldes steht die Ausrottung
ganzer Völker, Stämme und damit auch Kulturen. Das Wissen um die Natur, daß mit
diesen Menschen verlorengeht, ist unersetzlich.
Doch ist es das richtige Herangehen an die Frage des Schutzes der tropischen
Regenwälder, wenn wir nur immer unseren Vorteil sehen? Wollen wir Natur und Völker
nur schützen, um sie auszunutzen, sei es als wissenschaftliches Objekt oder Ware?
Hier muß ein großer Umdenkprozeß einsetzen.
Peter E. Stüben, Gründer des Institutes für Ökologie und angewandte Ethnologie,
schreibt dazu: "Aber es gibt sie bereits: Jene Advokaten unter den Ethno- und
Ökologen, die längst begriffen haben, daß sie sich in den Dienst der vom Ökozid
bedrohten belebten und unbelebten Natur begeben müssen, denn nur in dieser Koalition
werden sie letztlich erfolgreich sein."MEYER-PETERS, S.93/94)
Natur schützen mit dem Ziel, sie doch irgendwann wieder nur zu gebrauchen, heißt die
Vernichtung nur aufzuschieben, aber nicht aufzuheben.
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